Facebook präsentierte im heurigen Sommer das Konzept einer eigenen Kryptowährung. Mit dieser will der Tech-Riese den Zahlungsverkehr revolutionieren und am weltweiten Finanzmarkt mitmischen. User*innen sollen die neue Währung künftig via Facebook Messenger und WhatsApp verschicken können. Zudem hat man auch eine eigene Wallet-App namens Calibra entwickelt. Durch die rund 2,5 Milliarden aktiven FacebooknutzerInnen ist das Verbreitungspotential enorm. Und obwohl die Finanzdaten getrennt von anderen Nutzerinformationen von einer Tochterfirma verwaltet werden sollen, schrillen rund eineinhalb Jahre nach dem Cambridge-Analytica-Datenskandal bei KritikerInnen und DatenschützerInnen die Alarmglocken. Zudem könnte Libra auch für den globalen Finanzmarkt gravierende Veränderungen mit sich bringen.

Wie funktioniert Libra?

Die digitale Währung kann man, ähnlich wie andere Kryptowährungen, zu einem bestimmten Wechselkurs kaufen und verkaufen. Auf calibra.com wurden bereits erste Screendesigns der geplanten Wallet-App veröffentlicht, in der die Libra-Coins künftig aufbewahrt werden sollen. Zudem soll das Versenden der Währung auch via Facebook Messenger und WhatsApp möglich sein.

Libra basiert auf einer Blockchain und wird von einem in der Schweiz ansässigen Firmenkonsortium, der Libra Association, herausgegeben und kontrolliert. Im Unterschied zu anderen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Etherum soll Libra nicht so anfällig für Kursschwankungen sein. Zur Stabilisierung soll sie daher an einen Korb von sicheren Staatsanleihen und Währungen wie Dollar, Euro oder Yen gekoppelt werden. Die Libra Reserve, bestehend aus Rücklagen unterschiedlicher Vermögensgegenstände, sichert den Wert ab. Unternehmen, die Teil der Libra Association werden möchten und damit über die Zukunft der Währung mitbestimmen können, müssen mindestens 10 Millionen Dollar einbringen, die dann in der Libra Reserve landen.

Libra als mögliche kostengünstige Alternative

Facebook wirbt aktuell u. a. damit, mit Libra allen Menschen weltweit den gleichen Zugang zu Finanzdienstleistungen zu ermöglichen – einzige Voraussetzung sei künftig ein Smartphone. Damit tritt Facebook gerade in strukturschwachen Staaten in direkte Konkurrenz mit Geldtransfer-Dienstleistern wie Western Union, die aktuell hohe Gebühren einbehalten. Facebook wirbt mit geringen Transaktionskosten und könnte damit theoretisch eine kostengünstige Alternative bilden.

Erste Hürden für das Projekt

Während das Projekt zum Zeitpunkt der Vorstellung von insgesamt 28 Unternehmen unterstützt wurde, ist mittlerweile ein Viertel abgesprungen. Unter jenen, die nun nicht mehr hinter Libra stehen, sind u. a. die Finanzdienstleister Visa, Mastercard, Paypal und Stripe sowie der Online-Händler Ebay. Und auch die PolitikerInnen und Regulatoren stellen sich aktuell gegen neue, digitale Währung. Grund dafür ist der große Einfluss, den Facebook mit einer solchen Währung auf den Finanzmarkt ausüben kann. Wird der Reservefonds zu groß, hätten Notenbanken künftig weniger Einfluss auf Geldmenge und Preisstabilität. Bei einem Crash der Kryptowährung, etwa im Falle eines Hackangriffs, müsste die Libra Association innerhalb kürzester Zeit Einlagen und Staatsanleihen verkaufen, um die Währung stabil zu halten. Das hätte dann auch Auswirkungen auf den globalen Finanzmarkt.

Aktuell fehlt der Libra Association allerdings auch noch die Lizenz der Schweizer Finanzmarktaufsicht für ihr digitales Bezahlsystem. Zudem müsste die digitale Währung auch in jedem anderen Staat eine Erlaubnis einholen, um als Finanzdienstleister starten zu können. In der EU und auch in den USA sieht es derzeit nicht danach aus, dass die Kryptowährung in naher Zukunft starten könnte.