Amazon sorgt wieder einmal für Aufsehen – diesmal mit Robotern, die kleinere Lieferungen vor die Haustüre der Kunden bringen können. In einer ersten Testphase setzte man sie in Snohomish County, in der Nähe von Seattle, ein. Allerdings schaffen sie es noch nicht ganz, ihre Aufgabe vollkommen eigenständig zu erledigen. Ganz ohne Aufsichtsperson kommen sie also noch nicht zurecht. Ursprünglich stammen diese kleinen Roboter auf sechs Rädern aber nicht direkt aus dem Hause Amazon, sondern vom Start-up Dispatch.ai, das 2017 von Amazon übernommen wurde. Seit diesem Zeitpunkt heißen die kleinen Roboter, die mittels eingebauter Sensoren in der Lage sind, Fußgängern, Fahrzeugen und Tieren auszuweichen, auch nicht mehr „Carry“ sondern „Scout“. Auch die ursprüngliche Idee Lieferroboter einzusetzen, stammt nicht vom Internet- und Logistikriesen, sondern aus Europa. Schon im Jahr 2014 begann unter dem Namen Starship Technologies ein Team rund um die beiden Gründer Anti Heinla und Janus Friis an Liefer-Robotern zu arbeiten.

Warum Lieferroboter?

Immer mehr Menschen nutzen Online-Handel und erwarten sich, die bestellte Ware so schnell als möglich – im Idealfall noch am selben Tag – zu bekommen. Der Bedarf an Paketauslieferern schnalzt nach und nach  in unermessliche Höhen und die Unternehmen klagen über Personalkosten. Hier – und vor allem auf der sogenannten „letzten Meile“ zu den KundInnen – sollen autonome Roboter künftig helfen.

Dass das in nicht allzu weit entfernter Zukunft wohl auch tatsächlich so passieren wird, ist einer Studie des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen und des Fraunhofer Instituts für Materialfluss und Logistik zufolge gar nicht so abwegig. Die Studie besagt nämlich, dass in zehn Jahren die Auslieferung von bis zu zehn Kilogramm schweren Paketen durch Roboter ganz normal sein dürfte. Die kleinen Amazon-Scouts wären mit dieser Ausgabe wohl etwas zu sehr belastet. In zehn Jahren kann sich aber gerade in diesem Bereich noch sehr viel tun.

Starship als Pioniere für Lieferroboter

Nicht nur Amazon, sondern auch das Team rund um Starship ist bemüht ihre Roboter unter die Leute zu bringen. Aktuell profitieren vor allem die Studierenden und MitarbeiterInnen der George Mason University in Virginia davon. Sie sind nämlich Teil des wohl größten Praxistests für die Lieferroboter des Unternehmens. Wer am Gelände der amerikanischen Universität Lust auf einen Snack verspürt, kann sich diesen mit einem der Lieferroboter zustellen lassen. Um hier kein falsches Bild zu erzeugen: Die Roboter können mehr als ein Snickers oder einen veganen Protein-Riegel transportieren. Genau gesagt schaffen sie es, etwa drei prall gefüllte Einkaufstaschen zu dem Besteller oder der Bestellerin zu bringen. Der Service lässt sich jedoch nicht automatisch von allen MitarbeiterInnen und Studierenden nutzen – dafür ist zunächst erstmal die Installation der Starship Deliveries App notwendig.

Hier können die gewünschten Speisen ausgewählt und die Lieferadresse auf der Karte definiert werden. Nach Absenden der Bestellung sehen die KundInnen, wie sich ihre Pizza, ihr Kaffee oder ihr Donut auf den Weg zu ihnen macht. Die Nahrungsmittel sollten dann binnen 15 Minuten bei ihnen eintreffen. Starship ist jedoch nicht nur auf amerikanischen Unis präsent, sondern auch in Hamburg. Eine der Filialen der Pizzakette Domino’s lässt einen Teil der KundInnen von einem selbst navigierenden, sechsrädrigen Boten beliefern. „Bereits mehrere Hundert Lieferungen konnte das Starship-Modell in der Umgebung erfolgreich zustellen“, erklärte Karsten Freigang, Geschäftsführer von Domino’s Deutsch­land, in einem Interview mit dem Abendblatt. Besonders während Stoßzeiten sei der Lieferroboter eine wertvolle Ergänzung. Über die Möglichkeit diesen Service noch weiter auszuweiten, wurde bereits gesprochen. Bleibt abzuwarten wie die zwei- und vierbeinigen Hamburger Passanten auf weitere sechsrädrige Kollegen reagieren.

Wer Hotel sagt, sagt (noch nicht) Roboter

In anderen Bereichen hat es dagegen nicht ganz so gut geklappt: Im Henn-na Hotel im Südwesten Japans wird der gesamte Service fast ausschließlich von Robotern erledigt. Das Hotel gilt als Spielfeld für neue Entwicklungen aus der japanischen Robotik. Leider sahen das die Gäste nicht ganz so und der erhoffte Zustrom blieb aus. Die Probleme waren vielfältig: So kam es zu Störungen an der von zwei Dinosaurier-Robotern betriebenen Rezeption (ja, Dinosaurier …), außerdem auch zu Problemen mit den automatischen Kofferträgern und mit der automatischen Gesichtserkennung an der Zimmertür. Die Pläne für das Hotel waren groß, von fliegenden Pizzaschachteln und vielen, vielen Touchscreens war die Rede. Hier war alles in allem wohl die Idee ganz gut, die KundInnen aber noch nicht so ganz bereit dafür. Mehr zum smarten Einkauf und Smart Shelf.