522 Minuten, nahezu neun Stunden pro Tag: So viel Zeit verbringen Menschen in Österreich im Schnitt mit Medien. Mit 255 Minuten nimmt das Online-Segment (Internet und Social Media) den weitaus größten Teil ein, dicht gefolgt von TV und Radio. Das geht aus einer breitangelegten Studie aus dem Jahr 2021 hervor. Angesichts dieser Zahlen ist klar: Medienkompetenz ist eine fundamentale Fähigkeit, die es zu kultivieren gilt, um einen sicheren und gewissenhaften Umgang mit Medien zu garantieren.

Was ist Medienkompetenz?

Oft wird der Begriff Medienkompetenz als jene Fähigkeit zusammengefasst, Nachrichten zu hinterfragen und Falschmeldungen zu identifizieren. Das ist jedoch nur ein Teilbereich der Thematik, die noch viel weiter greift. Medienkompetenz ist die Fertigkeit, Medien verantwortungsbewusst und kritisch zu nutzen und ein grundlegendes Verständnis über den Aufbau und die Struktur des Medienmarktes zu besitzen.

Besonders in der heutigen Zeit, in der die Menschheit nahezu rund um die Uhr vernetzt ist, ist diese Kompetenz wichtiger denn je.  Auch in der Wissenschaft herrscht Konsens: Individuen brauchen neue Fähigkeiten, um sich in der vielfältigen Medienwelt zurechtzufinden. Das umfasst einerseits den eigenverantwortlichen Umgang mit Medienprodukten, andererseits aber auch ein generelles Verständnis über Produktion und Vertrieb von medialen Erzeugnissen.

Dimensionen der Medienkompetenz

Medienkompetenz umfasst also mehrere Facetten. Der Intendant des Begriffs, Dieter Baacke, unterteilt sie in vier Aspekte:

Medienkritik

  • Reflektion des Wissens über Medien und des eigenen Medienhandelns
  • kritisches Hinterfragen von Nachrichten und Botschaften sowie Überprüfung auf deren Wahrheitsgehalt

Medienkunde

  • Kenntnisse über Mediensysteme sowie den Aufbau des Medienmarktes
  • Wissen über journalistische Arbeitsweisen
  • Wissen über Organisation des Rundfunksystems (zB Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern)
  • Umgang mit Geräten und Bedienung von Apps

Mediennutzung

  • klassische Mediennutzung (Fernschauen, Zeitung lesen, Surfen, etc.)
  • Interaktivität, unter anderem Online-Shopping und Tätigen von Bankgeschäften

Mediengestaltung

  • kreative Tätigkeiten in den Medien, zB das Erstellen von Videoprojekten, die Bildbearbeitung oder das Gestalten eines Magazins
  • generelles Erstellen von Inhalten

In breiten Kreisen der Kommunikationswissenschaft wird jedoch fast ausschließlich der erste Punkt, die Medienkritik, in Zusammenhang mit der Medienkompetenz genannt. Baacke hingegen war schon in den 1990er-Jahren fest davon überzeugt, dass auch weitere Facetten Bestandteil dieses Themas sind.  

Overnewsed but underinformed: Informationsflut kann überfordern

Aufgrund der Vielzahl an Informationen, die tagein tagaus auf uns einstürmen, sehen wir uns einer beträchtlichen Informationsflut gegenüber. Diese kann oftmals das Phänomen ,,overnewsed but underinformed“ auslösen. Die Kommunikationswissenschaft versteht darunter einen Zustand, der entsteht, wenn eine Person viele Nachrichten rezipiert, aber dennoch nicht ausreichend informiert ist. Die Phrase verdeutlicht, dass der Zugang zu einer Fülle von Informationen nicht zwangsläufig zu einem tieferen Verständnis oder zu fundiertem Wissen führt.

Wie kann dieser Zustand nun überwunden werden? Durch die Aneignung von Medienkompetenz. Prinzipiell ist jede:r dafür selbst verantwortlich, mit etwas Eigenverantwortung diese Problematik zu beseitigen. Besonders wichtig ist, Informationen kritisch zu hinterfragen und Artikel gründlich zu lesen, statt es bei der Aufnahme der Überschrift zu belassen.

Thematik wichtiger denn je

Je höher die Bedeutung von Medien im Alltag wird, desto wichtiger dürfte auch der richtige Umgang mit Medien beziehungsweise der Erwerb von diesbezüglichen Kenntnissen sein. Weil vor allem Kinder und Jugendliche de facto mit Medien aufwachsen, sollte auf Medienkompetenz sowohl in der Erziehung als auch in der Schule nicht verzichtet werden, um die Handlungsfähigkeit im Umgang mit (sozialen) Medien zu garantieren.

In der gegenwärtigen Zeit dürfte Medienkompetenz von noch essenziellerer Bedeutung sein als früher, da die Mediennutzung weiter zugenommen hat. Besonders in Krisenzeiten, Stichwort Corona-Pandemie, kursieren zahlreiche Fehlinformationen im Netz, weswegen Quellenchecks und die Fähigkeit des kritischen Hinterfragens immer wichtiger werden. Verstärkt wird dieser Grund, weil heutzutage dank Social Media jede Person mit Internetzugang die Möglichkeit hat, Inhalte zu kreieren und zu verbreiten – bedeutet: Nicht nur Medienunternehmen fungieren als Kommunikatoren und als Produzenten von Inhalten. Viel mehr sind es inzwischen auch Privatpersonen, die Content erstellen und vertreiben.

Aneignung von Medienkompetenz

Die Fähigkeit zur Kritik und Reflexion ist nicht angeboren und muss somit erlernt werden. Weil „Digital Natives“ mit dem Internet, sozialen Medien und technischen Geräten aufwachsen, ist außerdem die Dringlichkeit der Etablierung dieses Themas im Schulsystem gegeben. Seit dem Schuljahr 2022/2023 ist „Digitale Grundbildung“ als Schulfach im Lehrplan von Mittelschulen und AHS-Unterstufen verankert. Das neue Fach musste jedoch aufgrund des Schwerpunktes auf Technik und Informatik Kritik einstecken. Die ursprüngliche Absicht, Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen zu fördern, werde weitgehend verfehlt.

Zwar sind die politischen Bemühungen vorhanden, dennoch kümmern sich Gesellschaft und Schulsystem nur unzureichend darum, die Grundprinzipien dieser Thematik der Bevölkerung und vor allem auch Heranwachsenden zu vermitteln. Damit überlässt man den verantwortungsbewussten Umgang mit (sozialen) Medien größtenteils dem Zufall und riskiert, das Fenster der Gelegenheit weitgehend ungenutzt vorbeiziehen zu lassen.

Medienkompetenz aneignen: Was kann ich tun?

Um die eigene Medienkompetenz auf ein neues Level zu heben, ist es nicht notwendig, auf politische Maßnahmen zu warten. Viel mehr gilt es, wie in den meisten anderen Lebensbereichen auch, Eigenverantwortung zu übernehmen und selbst Schritte einzuleiten. Folgende Dinge kannst du tun, um deine Medienkompetenz zu erhöhen:

  • Kritisches Hinterfragen von Nachrichten: Die Förderung des kritischen Denkens ist entscheidend, um Informationen unter die Lupe zu nehmen und sich nicht von Fehlinformationen täuschen zu lassen.
  • Darstellung und Formulierung von Botschaften prüfen: Nicht nur Nachrichten, sondern auch konkrete Botschaften sollten hinterfragt werden. So können wir heimtückische Wahrnehmungsfehler (zB. Framing oder der Survivorship Bias) beseitigen.
  • Filterblasen und Echokammern: Um nicht Opfer des Confirmation Bias zu werden, lohnt es sich, unterschiedliche Medien zu rezipieren und für neue Sichtweisen offen zu sein. Oftmals blenden wir Meldungen, die nicht den Interessen entsprechen oder gegenteiliges behaupten, aus, damit die eigene Meinung bestätigt wird. Es gilt aber: Fakten hören nicht auf zu existieren, nur weil wir sie ignorieren.
  • Glaubwürdigkeit von Quellen bewerten: Wie bereits erwähnt, sind heutzutage vermehrt Privatpersonen Versender:innen von Informationen. Quellenchecks werden somit allmählich wichtiger.
  • Bewusstsein für Manipulation schärfen: Um Manipulationen zu umgehen, sollte man sich den verschiedenen Formen der Manipulation (zB Propaganda, Clickbait, Falschinformation, Framing, …) bewusst sein und Techniken erlernen, um sich dagegen zu schützen.
  • Medienliteratur lesen: Um Fakten über den Medienmarkt, das Mediensystem oder bestimmte Arbeitsweisen im Medienbereich zu erhalten, lohnt es sich, (wissenschaftliche) Medienliteratur zu lesen.
  • Verantwortungsvoller Umgang mit Social Media: Die Nutzung sollte verantwortungsbewusst erfolgen, unter Berücksichtigung von Faktoren wie Zeitmanagement, Privatsphäre und Hass im Netz.

Connected Kids: Magenta fördert (digitale) Medienkompetenz

Verantwortung übernehmen, einen konstruktiven Beitrag leisten und zur Integration von Medienkompetenz beitragen – das ist die Intention von Connected Kids. Im Vordergrund steht dabei das Lernen mit Tablets, Apps und dem Internet sowie ein verantwortungsbewusster Umgang mit Medien. Magenta legt dabei das Fundament für eine digitale Zukunft, indem Schulen im Rahmen des Connected Kids Programms kostenlose Workshops mit digitalen Equipment erhalten und mit dem spezifischen Know-How unterstützt werden. Damit deckt das Konzept insbesondere den Bereich der oben beschriebenen Medienkunde ab.


Medienkompetenz in all ihren Facetten ist bei den meisten Menschen ausbaufähig. Kenntnisse über Strukturen des Mediensystems oder die klassische Mediengestaltung sind meist nur in Ansätzen vorhanden. Deshalb müssen wir uns aufgrund des immer größeren Platzes, den Medien in unserem Leben einnehmen, fragen: Sollten wir diese für das Leben und den Umgang mit Medien überaus wichtigen Fähigkeiten nicht allen Personen beibringen, jetzt mehr denn je?