Das Frühjahr 2022 kann man bestenfalls als verhalten bezeichnen. Kalt, wenig Niederschlag, viel Wind. Viele Hobbygärtner scharren schon auf der Stelle, gilt es doch Saat auszubringen und Pflanzen auszuwintern: Man nennt sie Eisheilige. Und auch die Landwirte blicken ungeduldig gen Himmel; auch wenn die Spargelsaison schon begonnen hat, ist das Wetter alles andere als bauernfreundlich.

Doch selbst in warmen Jahren, wenn man schon Ende März im Liegestuhl den ersten Sonnenbrand herausfordert und allerorts die Griller glühen, sind erfahrene Träger des Grünen Daumens vorsichtig. Denn besonders empfindliche Pflanzen setzt man erst an die frische Luft, wenn die Eisheiligen vorbei sind. Es sind ursprünglich die Namenstage von Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie, im Kalender der 12. bis 15. April. Warum das so ist und ob eine alte Bauernregel immer noch gilt, haben wir uns genauer angesehen.

Die Ursprünge der Eisheiligen

Die Eisheiligen markieren laut mittelalterlicher Bauernregeln jenen Kalenderabschnitt, an dem zum letzten Mal mit Frost zu rechnen ist. Danach ist es auch für empfindliche Pflanzen im Freien nicht mehr riskant. Meteorologisch gesehen nennt man dies Singularität. So bezeichnet man jährlich ziemlich genau wiederkehrende Regelmäßigkeiten der Großwetterlage. Heute liegt der Zeitpunkt, bedingt durch die Datumsverschiebungen bei der Umstellung vom Julianischen Kalender zum Gregorianischen Kalender, wesentlich später. Auch der deutliche Unterschied zwischen der so genannten „Kleinen Eiszeit“ im Mittelalter und der leider schnell voranschreitenden Klimaerwärmung seit dem 20. Jahrhundert lässt die Eisheiligen als Regeldatum antiquiert wirken. Dennoch kommt es laut langjähriger Messungen immer wieder zu einer Häufung von Temperaturstürzen und zumindest Bodenfrost in exponierten Lagen.

Österreichische Besonderheit

Besonders hervorzuheben ist hier die österreichische Eigenart der „Kalten Sophie“. Denn während in Deutschland die Eisheiligen ebenfalls zu viert sind, schon am 11. Mai mit Mamertus beginnen (und Sophie nicht erwähnen), wird dieser südlich des „Weißwurstäquators“ ignoriert und stattdessen eben Sophie im Anschluss ergänzt. Der Grund ist simpel: Kältewellen kommen in Mitteleuropa um diese Jahreszeit meist aus dem Nordwesten, in Bayern und Österreich kommen sie einfach einen Tag später an als beispielsweise in Köln.

Gegencheck mit der Wetter-App

Wer den Bauernregeln nicht glaubt, kann sich mittels einfacher Apps helfen. So gibt die Wetter-App Agrarwetter (für Android und iOS) präzise Voraussagen inklusive Unwetter- und Frostwarnungen aus. Aber auch moderne Smartwatches können bei der präzisen Wettervorhersage behilflich sein, denn viele davon besitzen eingebaute Barometer und Temperaturfühler und arbeiten in Kombination mit einer Wetter-App so genau wie eine Wetterstation.

Eisheilige: Auf Nummer sicher

Wissenschaftlich gesehen gehen die Meinungen auseinander. Lediglich Modelle der Wetterlagen rund um das 15. Jahrhundert belegen eine bemerkenswerte Häufung von Frost rund um die ursprünglichen Daten. Dennoch halten viele Landwirte, Gärtner und Meteorologen an der Empfehlung fest, erst nach dem 15. Mai mit nicht frostfesten Pflanzen den Schritt nach draußen zu wagen. Daran ist auf jeden Fall nichts falsch, denn angesichts der schon erwähnten Datumsverschiebung, aber auch der zunehmend wärmeren Jahre gibt es nach dem 15. Mai mit Sicherheit keine Minusgrade mehr, so oder so. Letztendlich ist es ja auch durchaus reizvoll, jedes Jahr einen Fixpunkt im Kalender zu haben, ab dem man sich voll und ganz der grünen Pracht im Garten, am Balkon, im Schrebergarten oder sonstigen Grünoasen widmen kann. Und es gibt zwischen Ostern und Pfingsten noch einen weiteren netten Anlass zur Brauchtumspflege!