Wenn ein Kunstwerk dadurch entsteht, dass jemand, der mit Kunst bislang vielleicht gar nichts zu tun hatte, auf den Knopf einer Maschine drückt, die dann ein Kunstwerk hervorbringt – ist das dann noch Kunst? Lässt sich ein mithilfe von KI entstandenes Kunstwerk mit durch Menschen geschaffene Kunst vergleichen, oder merkt man als Betrachter überhaupt einen Unterschied?
Kunst entfernt sich durch die Digitalisierung immer weiter vom Künstler, also vom Menschen als Produzenten und kreativen Schöpfer, sowohl im Konzept als auch in der Umsetzung. Ein wesentlicher Unterschied zwischen vom Menschen geschaffener Kunst und jener, die von Maschinen produziert wird, ist die Zeit, in der ein Kunstwerk entsteht. Ein Roboter ist mit der Erstellung eines Kunstwerks nämlich deutlich schneller fertig als ein Mensch. Im Fall von KI-Kunst entscheidet schließlich ein Algorithmus darüber, welche Daten zum Einsatz kommen um ein neues Bild oder einen Text zu kreieren. Obwohl KI-Kunst in der Regel als Ergebnis unserer Zeit gehandelt wird, gibt es die Idee dazu schon seit den siebziger Jahren. Harold Cohen entwickelte schon 1973 ein Programm namens „Aaron„, das in der Lage ist jeden Tag ein neues, einzigartiges Bild zu zeichnen.
Einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass sich durch KI geschaffene Kunst sehr wohl mit menschlicher Kunst in unterschiedlichsten Bereichen messen kann.
KI in der Literatur und Musik
Die KI benötigt eindeutig menschliche Vorbilder, um ein für uns angenehmes Kunsterlebnis zu gestalten. Gerade im Bereich Literatur und Musik braucht es aber wohl das eine oder andere Mal auch noch eine menschliche Überarbeitung. Die KI kann hier also vor allem die oftmals sehr zeitintensive Vorarbeit leisten.
Der chinesische Technologie-Konzern Huawei hat sich den Anspruch gesetzt, Franz Schuberts unvollendete Sinfonie in h-Moll mittels einer künstlichen Intelligenz zu vollenden. Das Ergebnis kann sich durchaus hören lassen, der von der KI komponierte Part bekam aber vor der Veröffentlichung noch einen menschlichen Feinschliff.
Das prominenteste Beispiel aus der Literatur ist wohl J.K. Rowlings Erfolgsreihe „Harry Potter“: vor etwas mehr als zwei Jahren hat eine mit nur ihren bisherigen Büchern „gefütterte“ KI ein konfuses, aber unterhaltsames weiteres Kapitel geschrieben. Mittlerweile wurde mit „1 The Road“ auch bereits ein vollständiger Roman von einer KI verfasst. Nichtwissend, dass es sich um ein durch KI geschaffenes Gedicht handelt, wurde „Sonnenblicke auf der Flucht“ von einem deutschen Verlag 2018 sogar in einen Gedichtband aufgenommen.
KI Malerei – wenn der Markt auf den Hype reagiert
Im vergangenen Jahr wurde ein von einer künstlichen Intelligenz geschaffenes Bild bei einer Versteigerung des Auktionshauses Christie’s um 435.500 Dollar versteigert. Das „Portrait of Edmund Belamy“ der Pariser KI-Kunstgruppe „Obvious“ lag damit in der Versteigerung deutlich über dem Schätzwert und spielte einen deutlich höheren Betrag ein als Werke von Jeff Koons, Banksy und Christo, die in derselben Auktion angeboten wurden. Sichtbar wird dadurch vor allem eines: Auch der Kunstmarkt reagiert auf den Hype rund um KI.
Verblüffend ist das vor allem auch deswegen, weil das Kunstwerk nicht das allererste von einer KI geschaffene Werk war, das einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Etwas mehr als zwei Jahre zuvor sorgte „The Next Rembrandt„, ein Bild eines Mannes im Stil des niederländischen Meisters, das eine KI in Amsterdam hervorgebracht hatte, nachdem ein Team die KI mit dem Gesamtwerk des Malers gefüttert hatte, bereits für Furore. Über diverse Digitalkonferenzen hat es „The Next Rembrandt“ allerdings nicht hinaus geschafft – ganz im Gegenteil zu dem Bild des KI-Kunstkollektivs aus Paris.
Kunst und Können
Keines der oben genannten Beispiele lässt sich für uns Menschen eindeutig einer KI zuordnen, wenn wir nicht zuvor mit diesem Detail der Entstehungsgeschichte der Werke konfrontiert wurden. Trotzdem bleibt eine gewisse Unschärfe, ob von KI-System erzeugte Werke tatsächlich der Kategorie Kunst zuzuordnen sind, wenn man Kunst nicht auf Können beruht, sondern auf Emotionen und Erfahrungen. Eine künstliche Intelligenz wird diese immer nur imitieren, aber wohl nicht selbst generieren können. Der Einsatz von KI wird also in anderen Bereichen wie etwa dem Gesundheitssektor weitaus sinnvoller bleiben.