Wenn man nach dem allerersten Videospiel fragt, nennen die meisten Menschen den Klassiker „Pong“ von 1972. Dabei reichen die Anfänge von Computer-Games bis in die 1950er Jahre zurück. Denn damals hat man bereits in Universitäts-Labors mit analogen Röhrencomputern erste einfache Spiele programmiert. Mit der Entwicklung von Programmiersprachen und dem Umstieg auf Transistortechnologie wurde der Computer langsam breitentauglich und ermöglichte so vielen Interessierten, in diese Welt einzutauchen. Mit damals schon interessanten Nebeneffekten: so führte zum Beispiel die Programmierung der Simulation „Space Travel“ indirekt zur Entwicklung der Programmiersprache UNIX. Die Frage, ob Gaming ein Hobby ist – konnte schon damals damit beantwortet werden, dass es deutlich mehr ist.
Gaming ist ein Hobby für alle Altersgruppen
Heute ist Gaming ein Hobby für alle. Die erste kürzlich veröffentlichte Studie „Gaming in Austria“ (von ÖVUS, Verband für Unterhaltungssoftware) zeigt, dass sieben von zehn Österreicher*innen Videogames spielen. Das sind rund 5,3 Millionen Menschen. Der steigende Trend war bereits in den vergangenen Jahren zu sehen und wurde nun durch die Pandamie verstärkt. Das Besondere an den Zahlen: In den letzten Jahren hat sich das Durchschnittsalter erhöht. Wer davon spricht, dass Gaming besonders ein Hobby für Kinder und Jugendlich ist, der irrt. Denn vor allem die Generation 50+ ist im letzten Jahr am stärksten gewachsen. Inzwischen spielen über 1,3 Millionen Gamer*innen über 50 Jahren regelmäßig.
Auch mit dem Klischee des Gaming als Hobby von Männern wird dank der Studie aufgeräumt. Denn 48 Prozent der Gamer*innen sind Frauen. Das hängt wohl damit zusammen, dass das Smartphone die meist genutzte Gaming-Plattform ist. Die Anschaffung einer Konsole oder eines PCs ist heutzutage für das Gaming-Erlebnis nicht mehr nötig.
Geschärfte Sinne und vernetztes Denken
Es spielt also keine Rolle, ob man zum Zeitvertreib in den Öffis eine Runde „Candy Crush“ spielt, daheim online mit Freund*innen auf der Konsole zockt oder sich an den hochgerüsteten PC mit einem Flugsimulator setzt. Jede Art von Zerstreuung oder kompetitiver Simulation dieser Art ist als Videospiel zu werten. Die Frage „Ist Gaming ein Hobby?“ greift dabei viel zu kurz. Denn schon früh erkannten Studien, dass die Beschäftigung mit Videospielen deutliche Verbesserungen der feinmotorischen Fähigkeiten und Reflexe bringt. Auch abstraktes Denken, vorausschauendes Taktieren und der Umgang mit Stresssituationen wird durch zahlreiche Games geschult. Das einfachste und wahrscheinlich legendärste Beispiel dafür ist der Klassiker Tetris. Wer noch nie so lange die fallenden Bausteine angeordnet hat, bis sie sogar im Traum erschienen sind, hebe bitte die Hand!
Aber es gibt nicht nur einfache Spiele, sondern auch hochkomplexe Simulationen wie zum Beispiel Rennspiele. Längst sind Automobil- oder Zweiradsimulationen auch auf herkömmlichen Konsolen und Computern so realistisch, dass selbst Formel-1-Fahrer in Stehzeiten ohne „echtes“ Training im Rennsessel vor dem Bildschirm an ihren Rundenzeiten feilen. Und die beliebten, aber auch umstrittenen 3D-Shooter-Spiele werden in der Ausbildung von Soldaten eingesetzt, um Reaktionsfähigkeit und räumliche Orientierung zu schärfen.
Bitte eine kleine Auszeit
Primär sind Games aber natürlich dazu da, um dem Menschen am Handy, Keyboard oder Controller Unterhaltung und Kurzweil zu bieten. Zig Menschen nützen die Möglichkeit, nach einem stressigen Arbeitstag eine Runde zu zocken, mit Online-Freund*innen zu feixen oder in einem historischen Abenteuerspiel in fremde Kulturen einzutauchen. Es ist also eine Form des Eskapismus, die aktuell in den oftmals beklemmenden und isolierten Verhältnissen der Covid-19-Pandemie viele soziale und gesundheitliche Defizite wieder wettmachen kann. Und durch die eingangs erwähnten Benefits bei den neurologischen und motorischen Fähigkeiten punktet diese Freizeitbeschäftigung durchaus!
Gaming ist ein Hobby, aber mit Maß und Ziel
Wie bei allem im Leben ist auch Gaming als Hobby nicht uneingeschränkt als harmlos. Wiewohl die regelmäßig im Umfeld von Gewalttaten herbeiargumentierten Zusammenhänge zu Gewalt in Videospielen schon oftmals wissenschaftlich widerlegt wurden, sind andere tragische Ereignisse rund um übermäßiges Spielen leider hie und da Realität. Eltern, die durch obsessives Gaming ihre Babys vernachlässigen oder Jugendliche, die sich komplett abkapseln und sozial verwahrlosen, sind zum Glück aber die Ausnahme. Und es sind nicht die Spiele selbst, sondern begleitende, persönliche Probleme oder mangelnde Kontrolle durch Aufsichtspflichtige, die zu derartigen Extremfällen führen. Prinzipiell sollten Eltern ihren Kindern, aber auch Erwachsene sich selbst klare Limits setzen. Sowohl was die Spielzeit betrifft, als auch die damit verbundenen Ausgaben. Ausgleichender Sport an der frischen Luft und reale, soziale Kontakte sind gerade bei intensivem Gaming immens wichtig für das Wohlbefinden.
Zocken als Qualifikation
Übrigens ist es anzuraten, besondere Fähigkeiten vor dem Bildschirm auch in seine öffentliche Person oder den Lebenslauf einfließen zu lassen. Und das auch abseits von Jobs innerhalb der IT/Gaming-Industrie. Damit ist natürlich nicht gemeint, wie hoch der High Score bei Mario Kart ist oder wie lange man schon an Skyrim herumdaddelt. Aber eine Topplatzierung bei einem Sim-Racing-Event oder ein besonders erfolgreicher Account bei einer komplexen Simulation wie EVE Online kann bei entsprechend aufmerksamen Recruitern durchaus wertvolle Hinweise liefern, wie konzentriert, diszipliniert oder strategisch geschickt eine potenzielle Person agiert. Keine Scheu davor, den vermeintlichen Nerd-Freizeitsport im Lebenslauf zu inkludieren. In den Augen zahlreicher Personalbüros und Jobbörsen ist Gaming ein Hobby, das auch im Job Vorteile bringt!
Gamification anderer Lebensbereiche
Und schließlich gibt es seit einigen Jahren die Entwicklung, dass einzelne Mechanismen von Spielen in andere Bereiche übertragen werden. Unternehmen entwickeln beispielsweise Apps zur Mitarbeiter*innenausbildung, in denen diese spielerisch gegeneinander antreten. Und auch Fitnesstracker verbinden Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation mit motivierenden Highscores. Auch in der Demenzforschung kommt Gaming zum Einsatz. Die Reduktion auf „Gaming ist ein Hobby“ ist also schon lange nicht mehr richtig. Das heißt aber eben nicht, dass man dabei nicht auch so richtig viel Spaß haben kann.