Künstliche Intelligenz (KI) verändert den Sport auf eine Weise, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schien. Ob auf dem Spielfeld, im Training oder in der Analyse: KI-Technologien eröffnen völlig neue Möglichkeiten für Athlet:innen, Trainer:innen und Fans. In puncto Leistungsdiagnostik, Spieltaktiken und Maßnahmen zur Verletzungsprävention ist KI im Spitzensport bereits im Einsatz. Doch wie genau können Algorithmen die Leistungen der Athlet:innen verbessern?
KI im Sport: Digitale Revolution?
KI-Systeme sind Computerprogramme, die Algorithmen und Daten verwenden, um Aufgaben zu erledigen, die in der Regel menschliches Denken erfordern. So sind Problemlösungen, Entscheidungsfindungen und das Erkennen von Mustern mittels KI bereits zu optimieren. Im Sport sorgt Künstliche Intelligenz bereits dafür, dass Spielerdaten analysiert und Verletzungsvorhersagen getroffen werden. Das verbessert die strategische Entscheidungsfindung der Teams sowie Sportler:innen und hebt das gesamte Niveau auf ein neues Level.
KI im Fußball: So scoutet Schalke 04
Im Sport ist die Datenanalyse von Spielen seit Jahren gang und gäbe. Doch bei der Auswertung haben Coaches oftmals Schwierigkeiten, weil die gesammelten Fakten sehr umfangreich sind. Genau an dieser Stelle unterstützt KI mit Daten und Algorithmen, um Spielmuster zu erkennen und objektiv zu analysieren. Diese objektive Auswertung ist der qualitative Unterschied zur sonst subjektiven Einschätzung des Trainerteams. So nimmt die datenbasierte Analyse in immer mehr Vereinen Einfluss auf Taktik und Trainingssteuerung.
Auch im Fußball ist KI in unterschiedlichen Bereichen zu finden. Beim FC Schalke 04 unterstützt KI beim Scouting, indem drei der 40 festgelegten Leistungswerte mit KI überprüft werden. Damit lassen sich exakte Aussagen über das Freilaufverhalten oder die Passgenauigkeit treffen. Soll ein Fußballprofi verpflichtet werden, lassen sich dessen Werte mit vorhandenen oder abgewanderten Kaderspielern vergleichen. Die finale Entscheidung liegt nach wie vor bei den Scouts und dem Trainerteam.
Leistungsdiagnostik, Taktik- und Bewegungsanalyse mit Hilfe von KI
Das Beurteilen der Fähigkeiten – sprich der Spielerleistung – war lange Zeit eine rein subjektive Einschätzung der Coaches. Die KI-Systeme im Sport basieren immer auf einer Ansammlung von Daten, die aus Kameras und Sensoren stammen. Die KI hilft in der Nachbetrachtung, um Livedaten der Spieler:innen zu positions- und leistungsspezifischen Angaben auszuwerten.
Die Analyse zur Spielerleistung und Taktik steht immer in Verbindung mit bereits gespielten Spielen, weil die Künstliche Intelligenz Wissen bzw. Daten für eine zuverlässige Aussage braucht. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto besser sind die Ergebnisse einer KI im Sport. Die KI kann im Fußball oder Handball in bestimmten Spielsituationen voraussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Sekunden ein Tor fällt. Das ist im Grundprinzip mit dem „Expected Goals Wert“ vergleichbar, der vielen Fußballfans bekannt ist.
Biomechanik: Wie KI die Bewegungsanalyse der Athlet:innen unterstützt
Physiologische Zusammenhänge wie Verspannungen und Verformungen sind meist nur bedingt messbar und beruhen auf Erfahrung und Beobachtung. KI in der Medizin macht schon hier vieles möglich. Im Sport kann sie komplexe Zusammenhänge von biomechanischen Prozessen unterstützen, indem dynamische Bewegungen simuliert und daraus entstehende Gelenkkräfte realitätsnah zu bestimmen sind. Damit entstehen Vergleichswerte zu gesunden und ungesunden Gelenken. Ebenso sind komplexe Bewegungsmuster simulierbar, um eine genaue Aussage der ergonomischen körperlichen Arbeit zu treffen. In diesem Zusammenhang kann KI auch im Bereich der Physiotherapie unterstützend eingreifen.
Wie Schiedsrichter:innen im Sport von KI profitieren
Im Schiedsrichterwesen kann KI bei der Entscheidungsfindung helfen und menschliche Fehler stark reduzieren. Schließlich kam es im Spitzensport nicht selten zu dramatischen Fehlentscheidungen. Im Tennis und Fußball sind KI-Systeme bereits bestens integriert.
Das Hawk-Eye-System verfolgt den Ballflug, sodass auch bei schnellen Ballwechseln und knappen Balllandungen eine exakte Aussage über In- oder Out-Bälle getroffen wird. Auch dies ist für Tennis-Enthusiast:innen ein echtes Fanerlebnis. Bei der Torlinientechnologie überprüfen Sensoren und Kameras, ob der Ball die Torlinie in vollem Umfang überquert hat. Die EURO24, bei der alle Spiele live auf Magenta TV zu sehen waren, brachte zwei weitere KI-Systeme in den Fußball: Zum einen wurden Abseitsentscheidungen mittels KI unterstützt, sodass auch Zentimeter-Entscheidungen für oder gegen die Angreifer exakt zu bestimmen waren. Zum anderen wurde ein Sensor im Ball implementiert, der Handspiele bzw. Handberührungen messen konnte. Dies half den Schiedsrichter:innen bei zwei Entscheidungsfindungen:
- Ist unmittelbar vor einem Tor ein Handspiel vorangegangen, werden die Schiedsrichter:innen durch den Sensor darauf aufmerksam.
- Der Sensor bemerkt jede Handberührung der Abwehrspieler im Strafraum, sodass die Unparteiischen keine möglichen Strafstöße übersehen.
Letzteres sorgte während der EM 2024 für eine kontroverse Diskussion, weil die Handspielregel im Fußball umstritten bzw. unklar ist. In dieser Hinsicht sind sich viele Fußballfans einig, dass diese KI-Technik nicht unbedingt zu einem faireren Wettbewerb beiträgt. Auch die Magenta-TV-Expert:innen rundum Tabea Kemme und Michael Ballack diskutierten eifrig über kuriose Handelfmeter-Entscheidungen. Das liegt aber größtenteils an der komplex ausgelegten Handspielregelung im Fußball. Die Messung der Handberührungen funktionierte technisch einwandfrei.
KI: Chance oder Risiko für die Sportwelt?
Es liegt auf der Hand, dass die Verwendung von Daten und Algorithmen die Integrität und Fairness im Sport in Frage stellt. Momentan gibt es keine Regeln, die den Einfluss auf die Spielstrategie und Entscheidungsfindung bei der Nutzung von KI im Sport vorgeben. Darüber hinaus ist auch die Privatsphäre der Athleth:innen in Gefahr, weil persönliche Daten im Berufsalltag überwacht werden. Auch hier muss es zum Schutz der Sportler:innen Regeln bzw. Gesetze geben, die international Anwendung finden.
Auf der anderen Seite scheinen die Chancen durch KI im Sport endlos zu sein. Die Optimierung der Techniken und Trainingspläne sind großartige Möglichkeiten, um als Sportler:in im jungen Alter das gesamte Potenzial zu entfalten. Außerdem sind Fortschritte in der Verletzungsprävention für eine längere leistungsorientierte Karriere vielversprechend. In vielen Sportarten sind durch die analysierten Gegnerdaten auch unerwartete und feine Entwicklungen zu erwarten, die möglicherweise schon.
KI im Sport als zusätzliches Fanerlebnis
Personalisierte Berichterstattung, virtuelle Sporterlebnisse oder das hautnahe Verfolgen der Sportler:innen im Stadion: KI im Sport ist eine einzigartige Möglichkeit um Fans noch stärker in die Sportwelt einzubeziehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Chatbot „Robot Pires“ (in Anlehnung an den Mittelfeldspieler Robert Pires) des englischen Klubs FC Arsenal aus London. Fans können über soziale Netzwerke Unterhaltungen starten und Infos über die nächsten Spiele oder „Behind-the-Scenes-Videos“ erhalten. Auch Statistiken und Spielerleistungen liefert Robot Pires. Der Chatbot kommt mit viel Charme daher und hat in der Fanszene eine Art Kultstatus erreicht.