Um in einem selbstfahrenden Bus Platz zu nehmen, braucht man den weiten Weg ins Silicon Valley gar nicht auf sich zu nehmen. Es genügt auf einen Sprung in der Schweiz vorbeizuschauen – genauer gesagt, in der Gemeinde Sitten, die herrlich idyllisch im Kanton Wallis liegt. Dort gehören selbstfahrende Busse nämlich seit mittlerweile zwei Jahren zum Stadtbild. Optisch sehen sie weniger so aus, als würden in ihnen alle Stränge technischer Innovation zusammenlaufen, sondern entsprechen eher dem bekannten Kindchenschema – sofern sich dieses auf Autos und Busse überhaupt übertragen lässt. Das ist jedoch ganz bewusst so, schließlich sollen die Busse keine Angst vor technischem Fortschritt machen.

Auch ohne Fahrer auf der richtigen Spur

2019 werden zwei smarte Shuttles desselben französischen Herstellers auch in Wien unterwegs sein. In der Seestadt Aspern nämlich. Vorgesehen ist ein regelmäßiger Fahrgastbetrieb mit mit fixer Linienführung und Haltestellen. Rasant geht es zwar nicht dahin, dafür bleiben die Busse aber auch ohne Fahrer auf der richtigen Spur. 20 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit mit der die beiden roten Shuttles unterwegs sein werden. Außerdem finden elf Fahrgäste in ihnen Platz. Das ist zwar nicht viel, aber zumindest eine ganze Fußballmannschaft. Die Intelligenz der smarten Busse drückt sich vor allem in ihrer Lernfähigkeit aus.

Ohne diese Lernfähigkeit wäre es gar nicht möglich gewesen, den beiden Bussen das Aussehen ihrer Strecken beizubringen. Während der Fahrt sorgen nämlich spezielle Sensoren dafür, dass der Bus aktuelle Bedingungen und Hindernisse selbst erkennt und bei Bedarf auch stehen bleibt. Wie Alexandra Reinagl, Geschäftsführerin der Wiener Linien in einer Presseaussendung erklärt, soll autonomes Fahren öffentlicher Verkehrsmittel durch dieses Projekt zu gelebtem Alltag werden. „So könnte die aktuelle Technologie unter anderem für den ,last mile‘-Einsatz als Zubringer zum bestehenden öffentlichen Verkehrsnetz wie etwa der U-Bahn eingesetzt werden. An oberster Stelle steht für die Wiener Linien dabei die Sicherheit der Fahrgäste, die durch die derzeit laufenden, intensiven Tests gewährleistet wird“ so Reinagl.

Mitte Juli waren die beiden Busse zum ersten Mal mit Fahrgästen unter Realbedingungen in der Seestadt unterwegs. Die dafür ausgewählte Teststrecke war etwa einen halben Kilometer lang und führte von der U2-Station „Seestadt“ bis zum Technologiezentrum der Aspern Smart City Research (ASCR) und wieder zurück. Im Herbst 2018 sollen die zunächst fahrgastlosen Testfahrten auf einer rund zwei Kilometer langen Strecke rund um die U2-Station „Seestadt“ starten. Ab dem Frühjahr sind dann erstmals auch Fahrgäste mit an Bord, die entlang einer Teststrecke aus- und zusteigen können. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bislang nur um ein reines Forschungsprojekt und keinen klassischen Linienbetrieb handelt. Daher gilt auch, dass die Busse bei schlechtem Wetter vorerst in der Garage bleiben müssen. Die Sensoren müssten sich erst auf unterschiedliche Bedingungen einstellen.

Ein kommunikatives Miteinander

„Smart Traffic“, also intelligente Verkehrssteuerung muss jedoch nicht nur auf den Bus oder die öffentlichen Verkehrsmittel im Allgemeinen reduziert bleiben. Das wird auch bestimmt nicht passieren, schließlich gibt es schon jetzt erste Versuche die einzelnen Bestandteile des Verkehrssystems miteinander zu vernetzen.

Das Kommunikationsnetz das sich hinter diesen Vorstößen verbirgt, ist das Internet der Dinge und könnte unser bisheriges Mobilitätsverständnis in den nächsten 20 bis 30 Jahren gehörig auf den Kopf stellen. Dass es dabei um sehr viel mehr gehen wird, als um diesen einen Parkplatz, der dem Autofahrer mittels eines Sensors seine Verfügbarkeit ankündigt, wird bereits anhand des Forschungsprojekts in Aspern klar. Hier gelang es nämlich österreichweit erstmals zwischen den Bussen und einer der Ampeln eine erfolgreiche Kommunikation herzustellen.

„Indem wir Infrastruktur wie Sensoren oder Ampeln mit Fahrzeugen sprechen lassen, entsteht aus zwei Hälften ein Ganzes: In sensiblen Bereichen wie etwa Kreuzungen oder Haltestellen erfassen wir mit unserer Technik auch FußgängerInnen oder RadfahrerInnen und warnen selbstfahrende Fahrzeuge real-time vor Gefahren, die sie selbst nicht erkannt hätten. So sorgen wir dafür, dass auch bei kritischen Verkehrssituationen alle sicher unterwegs sein können“, erklärt Karin Kraschl-Hirschmann, Leiterin innovative intelligente Verkehrssysteme bei Siemens Österreich. Neben der Sicherheit spielt bei allen Ansätzen, die in eine solche Richtung gehen, die Nachhaltigkeit die größte Rolle. Ein intelligentes Ampelsystem, wie es hier momentan getestet wird, erfüllt beide Ansprüche. Ein ähnliches, aber schon etwas weiter entwickeltes System stammt aus Pittsburgh, womit wir nun doch wieder in die USA und nicht länger in die kleinen Alpenländer blicken. Das dort getestete Ampelsystem analysiert den Verkehrsstrom und möchte mithilfe dieser Daten dann ein wenig mehr Effizienz in den Verkehr bringen. Ganz alleine an einer roten Ampel zu stehen und darauf zu warten, dass das Licht endlich umspringt, sollte damit nicht mehr vorkommen. Wie in Aspern kommunizieren die Ampeln auch in Pittsburgh mit den autonom fahrenden Fahrzeugen, sollen sich zukünftig aber auch auf normale Autos und Busse einstellen können. Fest steht, fahrerlos bedeutet längst nicht kopflos, schließlich steckt sowohl im Schweizer Shuttle als auch in den Wiener Bussen und den Pittsburgher Ampeln ziemlich viel Kopfarbeit.

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